Der Klimawandel ist leider mittlerweile kein abstraktes Gesprächsthema mehr sondern ganz real im täglichen Leben zu erfahren, so auch im Kleingarten. Auch in unserer eigentlich kühlen Flussaue im mittleren Thüringen nehmen die Wetterextreme zu und es hat sich während der letzten Jahre ein Muster herausgebildet, das in ähnlicher Weise vielerorts in Mitteleuropa auftritt:
- Während der Wintermonate treten lange frostfreie Phasen mit frühlingshaften Temperaturen auf, was die Winterruhe der Obstgehölze beeinträchtigt und einen frühen Austrieb begünstigt. Wirkliches Winterwetter gibt es wenn überhaupt oft erst zum Ende des Winters, dann aber gern mit tiefen Minusgraden und für längere Zeit anhaltend.
- Das Frühjahr startet oftmals sehr abrupt mit hohen Temperaturen bereits im März und April, oft gefolgt von einem Kälteeinbruch zu den Eisheiligen. Schnee um Ostern gab es in den letzten 10 Jahren häufiger als zu Weihnachten.
- Die Monate April und Mai sind häufig von trockenem, warmem Wetter gekennzeichnet, also das Gegenteil von „Mai kühl und nass“.
- In den Sommermonaten kommt es immer wieder zu ausgeprägten Dürren, so z.B. 2015, 2016, 2018, 2019, 2020 und 2022. Die erstmals 2003 dokumentierte Versickerung unseres Flüsschens Ilm wurde ab 2015 zu einem regelmäßigen Ereignis. Immerhin tritt das Wasser nach der Karstversickerung oberhalb unserer Gartenanlage wieder zutage. Eine Wasserentnahme zum Gießen ist aufgrund der geringen Wasserführung natürlich trotzdem nicht möglich.
- Wenn es im Sommer regnet, dann häufig als Starkregen mit entsprechendem Unwetterpotential.
Als ambitionierte Kleingärtner*in stellt sich die Frage, wie mit diesen Wetterbedingungen umgegangen werden kann, um weiterhin Obst und Gemüse in guter Qualität zu ernten. Einige Varianten, die in den letzten Jahren in unserer Anlage erprobt wurden, sollen hier kurz vorgestellt werden.
Gutes Wassermanagement
Eine Regentonne am Fallrohr des Laubendachs ist sicherlich in jedem Garten zu finden. Die üblichen 200-Liter-Tonnen kommen bei Starkregen schnell an ihre Grenzen. Ein Sommergewitter mit 50mm Niederschlag (also 50 Liter pro m²) lässt von einem Dach von 20 m² Fläche 1000 Liter Wasser ablaufen. Eine gute Idee sind daher geräumige Wasserspeicher, die das kostbare Nass einsammeln. Viele Kleingärtner nutzen dazu sogenannte IBC-Container, die u.a. in der Lebensmittelindustrie eingesetzt werden und die gebraucht oft preisgünstig erworben werden können. Je nach Größe des Gartens können auch mehrere dieser 1000-Liter fassenden Behälter aneinander gekoppelt werden. In einem Kleingarten mit 300 m² und nach Drittelregel ca. 100 m² Anbaufläche kommt man damit dann schon über einige Wochen, vorausgesetzt, es wird beim Gießen kein Wasser verschwendet.
Richtig Gießen, unnötige Verdunstung vermeiden
Die Gartenbücher sind voll von Tipps zum Thema wassersparendem Gießen, gern mit Verweis auf eine Tröpfenbewässerung, womöglich computergesteuert und vollautomatisiert. Das hat sicher alles seine Berechtigung, es geht aber auch „low tech“. Als erstes sollte eine übermäßige Verdunstung verhindert werden. Früher wurde dazu meist zur Hacke gegriffen und der Boden nach einem Regen oberflächlich gelockert, was bei etlichen Gemüsesorten auch weiterhin gut funktioniert. Auch das Mulchen mit Stroh, Holzhäcksel oder ähnlichem funktioniert gut, reduziert die Verdunstung und schützt den Boden vor direkter Sonneneinstrahlung. Relativ neu im Kleingarten ist die Nutzung von Mulchflies oder Mulchfolien. Bewährt hat sich vor allem der Einsatz von schwarzen Mulchfolien als Bodenbedeckung für wärmebedürftige Pflanzen die gleichzeitig eine stabile Bodenfeuchte schätzen. Beispiele sind Freilandgurken, Zucchini, Kürbis, Tomate, Paprika und Melone. Je nach Hersteller sind diese Folien leicht perforiert und sollen Regen durchlassen. In der Praxis funktioniert das eher mäßig, es muss also auf jeden Fall gegossen werden. Da die Verdunstung sehr effizient reduziert wird, kann das Gießen aber deutlich sparsamer erfolgen. Wenn pfleglich mit der Folie umgegangen wird, kann diese einige Jahre genutzt werden.
Gegossen wird am besten in Tontöpfe, die neben den Pflanzen eingesetzt werden. Im Beispiel der Gurken wurden drei Streifen Folie auf dem Beet ausgebreitet und mit Erde, einigen Steinen und am Rand mit Brettern befestigt. In die Lücke zwischen den Streifen wurden die Gurken gepflanzt und die Töpfe zum Gießen eingesetzt. Nachdem die Gurken das Beet überwachsen hatten, wurde einfach zwischen die Streifen gegossen. Trotz der trockenen Witterung im Juni und Juli war eine Bewässerung mit 60 Liter pro Woche ausreichend und hat über 30 kg Gurken ergeben.
Passende Gemüsesorten und neue Anbaustrategien
Viele Gemüsesorten erfordert einiges an Wasser, wenn die Ernte befriedigend ausfallen soll. Kohlrabi mag z.B. wechselnde Bodenfeuchte und Wassermangel überhaupt nicht und reagiert darauf mit holzigen und bei Regen platzenden Köpfen. Mulchen beugt dem vor, dieses Mal eher nicht mit schwarzer Folie, da Kohlrabi kühl stehen möchte. Also lieber dick mit Stroh, grobem Kompost oder gern auch stohhaltigem Mist mulchen. Ausserdem hat es sich bewährt, diese Gemüse entweder sehr zeitig ab Anfang April oder aber erst ab Anfang September zu pflanzen, um die größte Hitze zu vermeiden. Die beim Kohlanbau mittlerweile sehr lästigen Erdflöhe lassen sich im Frühjahr oder Herbst besser im Zaum halten und außerdem ist in dieser Zeit meist genügend Wasser zum Gießen zur Verfügung. Bei Kohlrabi klappt diese Strategie ganz gut, bei anderen Kohl- und Rettichgewächsen eher weniger. Sommerrettiche wurden in den letzten Jahren oft so stark von Erdflöhen befallen, dass kaum etwas Brauchbares geerntet werden konnte. Andere Gemüsearten kommen von Natur aus mit weniger Wasser oder stärker schwankender Bodenfeuchte zurecht. Folgendes hat in den typischen Hitze- / Dürresommern ganz gut funktioniert:
- Tomaten. Es gibt mittlerweile viele krautfäuletolerante Sorten, die sehr gut im Freien angebaut werden können und die mit dem warmen, trockenen Wetter prima klarkommen. Die Bewässerung erfolgt wieder über in den Boden eingelassene Töpfe. Der Boden kann gern gemulcht sein, mit Folie oder Naturmaterial.
- Gurken, Zucchini, Kürbis. Alle sind wärmeliebend und lassen sich gut auf Folie anbauen. Wie auch die Tomaten darf erst nach den Spätfrösten Ende Mai oder besser erst Anfang Juni gepflanzt werden. Vor allem Gurken verzeihen einen Temperaturabfall nahe an den Gefrierpunkt nur schlecht und reagieren zumindest mit Wachstumsstockungen. Im Juni gesetzte Pflanzen holen die späte Pflanzung dank der günstigeren Witterung schnell auf und überholen oft die bereits im Mai gepflanzten Exemplare.
- Melonen! Früher wäre das in unserer kühlen Aue undenkbar gewesen, aber inzwischen gelingt der Anbau auf Folie auch im Freien. Dazu später mehr in einem separaten Eintrag.
- Zwiebeln, Knoblauch. Beides profitiert von der Wärme, ein Minimum an Wasser vorausgesetzt. Junge Saatzwiebeln sollten anfangs mit einem Flies vor dem Austrocknen geschützt werden. Knoblauch gedeiht oft auch ohne zusätzliche Wassergaben, da die Zehen recht tief gesetzt werden und auch tief wurzeln.
- Bohnen. Generell ein wärmeliebendes Gemüse, das tief wurzelt und mit mäßigen Wassergaben auskommt. Insbesondere Stangenbohnen haben sich bewährt.
- Rote Beete und Steckrüben sind sehr robust und vertragen wechselnde Bodenfeuchte recht gut. Eine Bodenbedeckung mit Naturmulch und gelegentliches Gießen ist auch hier nützlich. Die Aussaat kann direkt ins Beet ab Mitte April erfolgen. Bei ausgeprägten Dürresommern erfolgt die Ernte im Juli bei ca. 6 cm Durchmesser. In günstigeren Jahren mit ausreichend Niederschlag kann im Juli jede zweite Rübe geerntet und der Rest weiterwachsen gelassen werden. Das Ergebnis sind dann Rüben wie auf dem rechten Foto, bis 2 kg Gewicht.
Bei einigen Gemüsesorten kann man sich mit einer angepassten Anbaustrategie behelfen:
- Markerbsen und Zuckerschoten als Frühgemüse. Hier kommt es auf die sehr zeitige Aussaat an, möglichst bis Ende März. Ein bisschen Glücksspiel ist dabei, da beide nach der Aussaat keine tiefen Fröste vertragen. Noch schlechter vertragen sie allerdings Gluthitze ab Juli. Die Beete sollten dann bei zeitiger Aussaat längst abgeerntet sein. Auch bei Erbsen und Zuckerschoten ist ein anfängliches Bedecken mit Flies zu empfehlen. Die Ernte erfolgt dann im Juni Juli. Zur Samenernte können einige Pflanzen stehen gelassen werden. Sie brauchen dann kein zusätzliches Wasser mehr.
- Rettichartiges wie z.B. Radieschen müssen bis Anfang Juni geerntet sein, da danach die Invasion der Erdflöhe droht. Also auch hier sehr zeitig aussäen, je nach Wetter ab Anfang März und unter Flies.
- Spinat, allerdings nur als Herbstanbau unter Flies oder zur Überwinterung (dazu unten mehr). Der Boden darf bis zur Ernte möglichst nicht austrocknen, was sich mit dem Flies leicht erreichen lässt, da es keine Verdunstung durch Wind gibt. Mitte August gesät kann der Spinat bei günstiger Witterung bereits nach 6 Wochen das erste Mal geerntet werden. Pro m² kann man bis November mit 3 Ernten und insgesamt 1-1.5 kg pro m² rechnen. Die Pflanzen können überwintern und treiben im Frühjahr erneut aus. Spätestens bis Ende April sollten sie abgeerntet sein, danach gehen sie bei warmem Wetter rasch in die Blüte und werden von Blattläusen befallen.
- Kohlartige wie erwähnt entweder bei sehr zeitig (Kohlrabi) oder sehr spät anbauen. Letzteres hilft z.B. bei Chinakohl und Grünkohl, die bei zeitiger Pflanzung gern Opfer der Erdflöhe werden bzw. schlicht in der Hitze verdorren. Inbesondere Chinakohl sollte nicht vor Ende August gesät oder gepflanzt werden und bildet bis Ende Oktober noch brauchbare Köpfe von bis zu 2 kg. Grünkohl kann etwas enger gepflanzt werden, da die spät gesetzten Pflanzen nicht mehr so riesig werden. Der Ertrag kann trotzdem noch bei 1.5 – 2 kg pro m² liegen. Im Herbst hat der Kohl auch wesentlich weniger unter Blattläusen und weißen Fliegen zu leiden, so dass die Blätter oft fast vollständig genutzt werden können. Die Beete sollten aber möglichst mit einem Netz abgedeckt werden, da sonst vor allem durch die Kohleule Schäden entstehen können.
Winteranbau – etwas für experimentierfreudige
Über den Winteranbau oder besser Überwinterungsanbau wird bereits in alten Gartenbüchern berichtet, so z.B. bei Kopfsalat. Mit der Rund-ums-Jahr Verfügbarkeit aller Gemüsesorten im Supermarkt geriet diese Methode etwas in den Hintergrund. Es gibt aber weiterhin Gemüsesorten, mit denen das ganz passabel funktioniert:
- Klassiker sind hier Feldsalat und Spinat. Die Aussaat für den Überwinterungsanbau sollte nicht vor Ende August erfolgen, aber auch nicht später als Mitte September. Die Haupternte ist dann im Winter (Feldsalat) und Frühjahr (Spinat).
- Kopfsalat „Maiwunder“. Diese Sorte kann Ende August in ein Saatbeet gesät werden, das danach mit Flies bedeckt und dauerhaft feucht gehalten wird. Bis Oktober haben sich kräftige Jungpflanzen gebildet, die auf Beete gesetzt werden können oder auch auf dem Saatbeet verbleiben und im Frühjahr gepfanzt werden können. Ein weiteres Bedecken mit Flies schadet nicht, bringt gegenüber unbedeckten Pflanzen bis zum Frühjahr aber auch keine Vorteile. Mit Reisig bedeckte Beete erlitten einen Totalausfall. Vermutlich war es während des warmen Winters darunter zu dunkel. Je nach Wetterbedingungen im Herbst kann der Anbau auch misslingen. Bleibt es zu lange warm, gehen die Salatpflanzen zu groß in den Winter und faulen leicht. Bei einem kalten Herbst kann es sein, dass die Pflänzchen für eine Überwinterung noch nicht kräftig genug sind. Durch eine etwas gestaffelte Aussaat lässt sich zumindest ein Totalausfall vermeiden. Wenn es klappt, erntet man bereits im Mai Kopfsalat, mit wenig Gießaufwand und ohne Blattläuse.
- Es soll angeblich auch mit Blumenkohl funktionieren. Zur Zeit läuft ein erster Versuch mit der Sorte „Walcheren Winter 5“. Der Herbst war allerdings ziemlich warm, so dass die meisten Pflanzen ziemlich groß in den Winter gegangen sind. Hier wird mit Verlusten durch Schneebruch zu rechnen sein. Der Anbau von Winterblumenkohl ist generell ein Risiko, da die Pflanzen nur bis -12°C frostfest sein sollen. Mal sehen, was davon durchkommt.